Im Rahmen des CONUS-Living Labs Autonomer ÖPNV-Pilot wurde im Juni 2020 eine anonyme Online-Umfrage zum Thema zukünftiger öffentlicher Nahverkehr durchgeführt. Ein Teil der für die Praxis relevanteren Ergebnisse wird hier präsentiert. Für die Umfrage wurden die Klever Bevölkerung über Facebook-Gruppen sowie Klever Studierende über einen hochschulinternen E-Mail-Verteiler erreicht. Zwar ist allen in dieser Methodik durchgeführten Befragungen eine eingeschränkte Repräsentativität gemein, nichtsdestotrotz können sich interessante erste Einblicke in die Einstellungen und Wahrnehmungen der Teilnehmenden bezüglich selbstfahrender Busse ergeben.
Insgesamt haben 435 Personen (davon 37% männlich und 70% Studierende) im Alter von 17 bis 71 Jahren an der Umfrage teilgenommen. Nach einer kurzen Vorstellung zentraler Eigenschaften selbstfahrender Busse wurden die Teilnehmenden gebeten, anzugeben, ob sie generell bereit wären, solch einen hochautomatisierten Bus zu nutzen. Diese Bereitschaft wurde für drei Szenarien mit unterschiedlichem Grad an Support durch Servicepersonal abgefragt:
1) mit einer Person auf dem Fahrersitz, die den Betrieb überwacht und für Serviceleistungen bereitsteht
2) mit einer Person, die Serviceleistungen erbringt und
3) ohne Bergleitpersonal, wobei Kundendienste digital bereitgestellt werden.
Szenario 1 entspricht hier der Situation, die bei einer möglichen Buseinführung vorzufinden wäre. Szenario 2 und 3 sind rechtlich in Deutschland noch nicht möglich, wären zukünftig aber als Entwicklung durchaus auch im Straßenverkehr vorstellbar und spiegeln oft das wider, was sich Personen unter selbstfahrenden Fahrzeugen vorstellen. In diesem Sample hatten nur 3% der Befragten bereits einen fahrerlosen Bus genutzt und 4 % einen solchen live gesehen. Davon wären 82% bereit, den Bus unter Szenario 1 nutzen. Die Bereitschaft liegt damit höher als im Gesamtsample, in dem 59% dazu bereit wären.
Wie aus den Umfrageergebnissen des Weiteren hervorgeht, sinkt die Bereitschaft der Teilnehmenden, einen hochautomatisierten und fahrerlosen Bus zu nutzen, von 59 auf 37% und ihre Abneigung steigt von 14 auf 42%, wenn die Unterstützung durch das Personal abnimmt. Alle Teilnehmenden, die angaben, (eher) nicht bereit zu sein, mit einem fahrerlosen Bus zu fahren, wurden gebeten einen Grund zu nennen. Als häufigster Grund wird über alle Szenarien hinweg Sicherheitsbedenken hinsichtlich des Busbetriebs genannt. Zweithäufigst ist die Sorge um das Computersystem, gefolgt von Angst vor Cyberangriffen und –in Falle von Szenario 3– persönliche Sicherheitsbedenken hinsichtlich Kriminalität in einem Bus, in dem kein Personal mehr mitfährt.
Diese Besorgnis spiegelt sich auch im Gesamtsample wider, das mögliche Probleme mit selbstfahrenden Bussen auf einer Skala von 0 = „unbesorgt“ bis 4 = „sehr besorgt“ bewertet hat (siehe Abbildung 1). Interessanterweise bereitet auch die Geschwindigkeit leichte Sorgen – allerdings zeigen sich die Teilnehmenden eher besorgt, dass ein selbstfahrender Bus zu langsam unterwegs ist und damit gegenüber dem klassischen ÖPNV oder auch dem Fahrrad keinen großen Nutzen bringt.
Abbildung 1. Wie besorgt sind Sie hinsichtlich der folgenden möglichen Probleme im Zusammenhang mit fahrerlosen Bussen?
Trotz einiger Sicherheitsbedenken wären die meisten Befragten bei einer Begegnung mit dem Bus in einer Fußgängerzone zumindest neugierig (80%). Einige würden spontan mitfahren wollen (40%), 54% hätten aber Bedenken um die Sicherheit der Fußgänger*innen und 53% würden gerne selber testen, ob der Bus anhält, wenn man ihm als Fußgänger*in zu nahe kommt. Daher stellt sich die Frage, wie man nicht nur die Besorgnis der ansässigen Verkehrsteilnehmer*innen senkt, und somit die Akzeptanz dieser neuen Verkehrsform steigert, sondern auch wie man den tatsächlichen Betrieb in einer bevölkerten Fußgängerzone sicherstellen will, da rund die Hälfte der Befragten „sehr genervt“ wäre, wenn der Bus öfters wegen kreuzender Personen anhalten müsste.
Von verschiedenen vorgeschlagenen Maßnahmen wurden Anzeigetafeln, die angeben, ob der Bus losfährt, sich bewegt, bremst oder anhält, sowie Infotafeln am Straßenrand als am sinnvollsten erachtet. Andere Maßnahmen wie auf den Boden aufgemalte Fahrspuren oder Hinweisschilder wurden als weniger wichtig erachtet und im Anschluss um eigene Ideen ergänzt. Besonders häufig wurde von Teilnehmenden dabei ein Signalton vorgeschlagen, der den Bus ankündigt, bzw. eine Sprachanweisung, die über Aktionen des Busses aufklärt. Während die meisten einen selbstfahrenden Bus in der Fußgängerzone nutzen würden, gaben abschließend 33% der Befragten an, dass sie doch bereit wären mitzufahren, wenn zusätzliche Maßnahmen ergriffen würden.
Insgesamt scheinen daher zusätzliche Maßnahmen wie Anzeigetafeln und Akustiksignale sinnvoll, um die Akzeptanz eines solchen Busses in der Bevölkerung zu steigern. Zusätzlich weist aber auch die erhöhte Bereitschaft derer, die bereits Erfahrungen mit selbstfahrenden Bussen gesammelt haben, darauf hin, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung durch positive Erlebnisse durchaus gesteigert werden kann.
Perspektivisch soll daher Interessierten die Möglichkeit gegeben werden, in einem Reallabor einen selbstfahrenden Bus zu testen, um Hemmschwellen ab- und Vertrauen aufzubauen. Dabei können zudem weitere Maßnahmen getestet werden, die einen erfolgreichen Einsatz und Linienausbau im Stadtverkehr begünstigen. Gleichzeitig werden diese und weitere Umfragedaten genutzt um mit Hilfe ökonometrischer Analysen Faktoren zu untersuchen, welche die Akzeptanz von selbstfahrenden Bussen steigern können. Die Ergebnisse dieser erweiterten wissenschaftlichen Untersuchung werden in einem separaten Artikel veröffentlicht.
Mehr zu unseren Tätigkeiten unter https://conus.nrw/autonomer-oepnv/, https://www.hochschule-rhein-waal.de/de/fakultaeten/gesellschaft-und-oekonomie und https://www.uni-due.de/ptt/
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